Unsere Briefe:
Lieber Demitri,
ich freue mich immer wieder von dir hören zu können. Ich vermisse es trotzdem sehr, mit dir einfach am Bahnhof ein Eis zu essen oder mit dir am See baden zu gehen. Diese Regelungen und Unterdrückungen, die du, deine Familie und die anderen Juden ertragen müssen, sind schrecklich. Ich hoffe, dass es bald vorbei ist. Mir geht es auch ganz gut. Ich gehe jeden Tag zur Schule, treffe mich mit Freunden und schreibe viel, so wie du es mir mal sagtest. Ich hoffe, dass ich bald meine kleine Geschichte zu Ende habe und sie dir schicken kann. Vielleicht werde ich ja mal eine bekannte Schriftstellerin. Solange du an mich glaubst, mache ich weiter. Deutsch läuft super. Ich habe mich verbessert. Ich habe wieder einige Sachen zusammengesucht, bei denen ich dachte, dass du sie gebrauchen könntest. Wir können uns ja bald wieder am Loch treffen, dann gebe ich sie dir. Von Lara soll ich dir noch sagen, dass diese schlimme Sache nicht mehr lange anhalten wird und wir bald wieder ein normales Leben leben können. Ich glaube fest daran. Ich denke oft an dich und wünsche mir deine Anwesenheit. Ich denke an unsere schönen Momente und lache viel. Ich hoffe, dass es bei dir auch so ist. Ich wünsche dir alles Gute und freue mich, wenn du raus bist und wir uns endlich in die Arme schließen können. Deine Vanessa
Hey Levi, ich habe von deiner Situation gehört. Echt schrecklich, unter welchen Umständen du leben musst. Ein begrenzter Lebensraum, bei euch ja auch Judengasse genannt, und kaum etwas zum Essen. Ihr müsst ja sogar heimlich Lebensmittel ins Ghetto schmuggeln und mit der Angst leben, dabei erwischt zu werden, echt heftig! Bei mir ist es ganz anders. Ich lebe in einem Dorf, in dem ich normal leben kann, habe Zugang zu Lebensmitteln, ohne sie schmuggeln zu müssen, und habe auch nicht die Angst, getötet zu werden. Bei euch werden ja sogar die Leute, die beim Schmuggeln erwischt werden, erschossen, stimmt’s? Das stelle ich mir echt schlimm vor! Wie kam es eigentlich dazu? Wurdest du einfach aus deinem Zuhause „gerissen“? Ich hoffe es gibt einen Ausweg und ich sehe dich endlich wieder! Bis hoffentlich bald! Deine Lisa
Hallo Aron, ich habe lange nichts mehr von dir gehört. Wie geht es dir so? Und was ist mit dem Medizinstudium von deinem Bruder Levi? Ich habe gehört, du und deine Familie seid jetzt auch im Ghetto… . Es tut mir für dich leid. Du weißt ja, ich lese gerne Bücher über die vergangene Zeit und von Leuten, die viele Traumata erlebt haben. Tue mir einen Gefallen und iss genug, gib nicht alles deiner kleinen Schwester Shahra, sonst verhungerst du mir noch. Lass dich nicht erwischen, wenn du Lebensmittel schmuggelst! Du erinnerst dich doch bestimmt noch an den Bauern von nebenan, bei dem wir immer im Sommer Kirschen stibitzt haben. Sie werden dich jedoch nicht nur mit einer Ohrfeige davonkommen lassen, das weißt du! Meiner Mutter geht es von Tag zu Tag schlechter, aber ich habe mich deutlich in der Schule verbessert und werde mich für dich anstrengen. Sterbe nicht! Ich werde auf dich am Kirschbaum warten. Komme so schnell wie du kannst wieder zu mir. Es gibt noch Hoffnung, verliere sie nicht! Mit lieben Grüßen Deine Hanna
Lieber Noah, ich hoffe, dir geht es gut. Ich habe gehört, dass es im Ghetto sehr schlimm ist. Ich gehe zur Schule, treffe mich mit Freunden und muss mir keine Sorgen um Essen machen. Ich hoffe, dir und deiner Familie geht es gut. Ich habe Gerüchte gehört, dass es bald vorbei ist. Vielleicht können wir uns treffen und du kannst meine Fragen beantworten. Zum Beispiel wie du reagiert hast, als du plötzlich aus deinem Haus musstest und nicht wusstest, was los ist. Ich wünsche dir alles Gute. Hargun
Liebe Sonja, ich heiße Anna und bin 13 Jahre alt. Eine meiner Freundinnen hat mir über dich erzählt. Ich wohne in Seelow, einer kleinen Stadt. Wir haben haben hier viele verschiedene Läden und Menschen. Ich habe gehört, dass wo du wohnst, einem Ghetto, nur Juden leben, stimmt das? Meine Freunde haben gesagt, dass du nett bist. Ich würde mich gerne mit dir treffen, wie ich es mit meinen Freunden machen kann, aber das geht ja nicht, weil du in einem Ghetto wohnst. Musst du eigentlich zur Schule gehen, denn ich schon, z.B. Noten, Hausaufgaben, usw.? Ich frage mich, was an dir so anders ist, dass du im Ghetto leben musst. Ich hoffe, der Brief kommt bei dir an und ich hoffe, dir geht es gut! Falls nicht, hoffe ich, dass alles besser wird. Ich hoffe, du kannst bald zurückschreiben. Tschüss! Anna
Liebe Sonja, ich hoffe, dir geht es nicht ganz so schlecht dort. Ich habe gehört, dass ihr dort nur wenig Essen und wenig Platz zum Leben habt. Ich hoffe, ihr könnt, wie früher, irgendwann wieder zusammen in eurem Haus leben, so wie wir. Und auch, dass ihr bald wieder genug Lebensmittel habt. Vielleicht könnt ihr dann auch einfach in den Supermarkt und euch zum Essen holen, worauf ihr gerade Lust habt. Es ist bestimmt schwer, einfach so von Zuhause weg zu müssen und solchen Gefahren ausgesetzt zu sein, nur weil ihr euch ernähren wollt. Ich find’s traurig, dass du so leben musst und wünsche dir, dass dir nichts passiert und es bald besser wird für euch. Ich hoffe, ich kann dich dann eines Tages mal treffen. Alexandra
Klasse 8a