Nach vielen Tagen der Aufregung und einigen Wochen der Vorbereitung stand am heutigen Tag, den 10. November 2023, nun der Jüdische Abend an, auf den sich sowohl wir, die 12 Mädchen der Klasse 9a, als auch die Gäste freuten. Das Programm wurde zusammen mit Frau Bu. und Frau Di. erstellt und dann gemeinsam mit dem Heimatverein „Schweizerhaus“ e.V. organisiert. Während viele von uns am Freitag noch dem Unterricht folgten, bereitete das Cateringteam, bestehend aus Vanessa, Isabell und Abby, das koschere Essen für den heutigen Abend vor. Die Zeit verging und neben einer vorletzten Probe im LER-Unterricht und der einen oder anderen Verbesserung bzw. einem Hinweis rückte auch die Abendveranstaltung immer näher. Einige von uns fuhren direkt zum „Schweizerhaus“ und schauten sich das ganze Gelände, beispielsweise das „Goethehaus“, und auch die Ausstellung im Obergeschoss an, die einen nochmal mehr an die schreckliche NS-Zeit erinnern ließ. Eine gute Stunde später, also gegen 15.00 Uhr, kamen auch schon alle, die etwas vorbereitet haben, am „Schweizerhaus“ an.
Nach ein paar Absprachen, Soundchecks, da Annabelle und Isabel, die unsere Klasse aus der 9b unterstütze, den heutigen Abend mit ihrem musikalischen Können verschönerten, und dem Verteilen der Flyer und meiner Gedichte auf den Tischen, startete auch schon gegen 16.00 Uhr die Generalprobe. Danach ging jeder nochmal seinen Text bzw. das durch, was sie vorstellen wollten, und Annabelle brachte durch das Lied „Ich fühl‘ mich Disco“ noch einmal gute Laune in den Saal und lockerte so bei vielen die angespannte, aber auch aufgeregte Stimmung. Die Zeit verstrich und während einige von uns noch, um sich zu beruhigen, an die frische Luft gingen, trafen währenddessen auch schon die Gäste ein. Neben vielen Lehrern, Frau Dg. und Frau Wp., die mal an unserer Schule gearbeitet haben, nun aber schon in ihrem wohlverdienten Ruhestand sind, erblickten wir auch sehr viele weitere Gäste. Um genau zu sein sogar so viele, dass noch zusätzliche Stühle dazugestellt werden mussten. Während sich der Saal nun also immer weiter füllte, stieg aber auch bei uns, den Beteiligten, die Vorfreude und Aufregung auf die kommende Stunde. Nach einem kurzen Innehalten und Durchatmen betrat auch schon, nachdem Frau Krüger vom Heimatverein diesen Abend eröffnet hatte, Vanessa, die Moderatorin des Abends, die Bühne:
„Sehr geehrte Gäste, wir, die Klasse 9a des Gymnasiums auf den Seelower Höhen und der Heimatverein „Schweizerhaus Seelow“ e.V., begrüßen Sie herzlich zum Jüdischen Abend im Rahmen der Woche des jüdischen Lebens in Seelow. Nach Richard Weizsäcker ‚Verlängert das Vergessen[…] das Exil und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung‘“.
Nach dieser Begrüßung erläuterte Vanessa den Gästen, wie wir in Form von poetischen Texten, Gesang mit Keyboardbegleitung, eines Rollenspiels von einigen aus der Klasse, eines Friedensgebets, eines Lesevortrages eines Romanauszugs von „Der Junge auf der Holzkiste“ und der Vorstellung des Lebenslaufs von Hugo Simon an die Opfer, besonders die Juden, und die schreckliche Zeit des NS zurückerinnern bzw. diese geschändeten Menschen ehren wollen. Vor allem denken wir dabei auch an die derzeitigen Kriege, an die dadurch gefallenen Menschen, zerstörten Häuser und getrennten Familien. Zunächst stellte ich dafür mein selbstgeschriebenes Gedicht „Die friedliche, musikalische Stille“ über die Bedeutung und Wirkung von Musik vor. Passend dazu verzauberten Annabelle mit ihrem Gesang und Isabel mit ihrer Keyboardbegleitung mit dem Lied „Wozu sind Kriege da?“ von Udo Lindenberg den Saal. Mit diesem Lied wurden insbesondere die Kriege angesprochen, denn es gibt leider einfach nicht überall auf der Welt Frieden, doch was bedeutet es eigentlich, in Frieden zu leben? Diese Frage klärte das Friedensgebet, das anschließend vorgelesen wurde: „[…], dass ich liebe, wo man hasst; dass ich verzeihe, wo man beleidigt; dass ich verbinde, wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist; […] nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. Denn wer sich hingibt, der empfängt; wer sich vergisst, der findet; wer verzeiht, dem wird verziehen; […].“ (zugeschrieben dem heiligen Franz Assisi).
Einen kräftigen Applaus später stellten auch schon Anna, Alexandra, die am heutigen Abend nicht anwesend war, Hanna, Hargun und Abby ihr Rollenspiel, das auf einer wahren Geschichte beruht und das sie eigenständig anhand von Quellenmaterial und Zeitzeugenberichten der Hauptfigur „Teofilia Silering“, auch „Toska“ genannt, erarbeitet hatten, vor. Dieses Rollenspiel war durch seine Ernsthaftigkeit sehr berührend, da eine vermeintlich friedliche Familie, deren Kinder ein gutes Gymnasium besuchten, plötzlich Armbänder tragen mussten, um als Juden gekennzeichnet und nicht erschossen zu werden. Im späteren Verlauf werden sie deportiert und für immer voneinander getrennt. Toska musste nun für einige Zeit für Oskar Schindler arbeiten, bevor sie dann Richtung Ende von Gina Korczak, von alten Freunden ihrer Familie, aufgenommen wird und sie nach schwerem Schicksalsschlag wieder das Gefühl von Wertschätzung erhielt. Nach dieser sehr mitreißenden Geschichte von Teofilia, bei der sich die Menschen am Ende gegenseitig halfen, folgte passend dazu die musikalische Abwechslung von Annabelle und Isabel mit dem Lied „People help the People“ von Birdy, welches sie so authentisch und mit sehr viel Gefühl rüberbrachten, sodass bei einigen dann doch das ein oder andere Tränchen floss. Im Anschluss danach begeisterte Neele die Gäste mit einem Romanauszug von Leon Leyson, der ebenfalls in Oskar Schindlers Fabrik Arbeit verrichten musste, allerdings seine Erfahrungen in den autobiographischen Roman „Der Junge auf der Holzkiste“ schrieb.
Da der Jüdische Abend auch in den Simonischen Anlagen, die bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 Hugo Simon gehört hatten, stattfand, stellten nun Zoe und Emely den Lebenslauf dieses besagten Mannes vor. Man könnte nach diesem Vortrag schlussfolgern, dass dieser jüdische Bankier im Grunde hauptsächlich auf der Flucht war. Nun stellt sich aber nach diesen ganzen geschichtlichen Informationen auch die Frage, wieso wir eigentlich hier sind? Dies beantwortete mein zweites und somit letztes Gedicht des heutigen Abends, dessen Titel den Namen „Warum wir heute hier sind“ trug. Im Anschluss betrat wieder Annabelle die Bühne und sang das Lied „Was würdest du tun?“ von Bibi und Tina 4. Richtung Ende dieses Liedes gesellten sich alle Beteiligten zu ihr und wir sangen die letzten Zeilen alle gemeinsam. Mit der Frage „Was würdest du tun?“ verließen wir zusammen nach einem kräftigen Applaus die Bühne, regten alle dazu an, sich beim Essen über die Themen zu unterhalten, und Frau Krüger vom Heimatverein betrat sie wieder. Sie bedankte sich bei allen und verkündete, dass wir von der HBS Schuckar GmbH eine Spende von 50€ erhalten würden, worüber wir uns natürlich sehr freuten. Auch nach dieser Verkündung war dieser Abend noch nicht vorbei, denn es bildete sich nach und nach eine Schlange zum koscheren Essen, welches die Drei mit viel Liebe zubereiteten; zur Auswahl standen: (vegane) Falafeln, Rugelach, Humus mit Baguette, Pestorollen und Knishes, welche bei allen Gästen für große Begeisterung sorgten. Alle von uns stellten sich hinter die Tische mit Essen und schauten gespannt zu, wie sich das Spendenglas immer mehr mit Geld füllte und alle sich mit Begeisterung am koscheren Essen bedienten und ggf. nachfragten, woraufhin sie von denen, die sich darum kümmerten, sehr genaue Antworten erhielten. So ließen alle bei guter Stimmung, Atmosphäre und Gesprächen diesen – ich denke mal – unvergesslichen Abend ausklingen.
Neben der ein oder anderen guten Noten, die wir durch unser Engagement erhielten, und die vielen eingenommenen Gelder bzw. Spenden für unsere Klassenkasse, wurde sowohl uns als auch den Gästen klar, wie schrecklich und menschenverachtend die Zeit um 1933 bis 1945 für die Juden eigentlich war. Durch unser Interesse, das wir in der zusätzlichen Geschichtsstunde am Mittwoch, ebenfalls in der Woche des jüdischen Lebens in Seelow, bezüglich der Judenverfolgung zeigten, erfuhren wir, wie es eigentlich zu dieser Verfolgung kam und weshalb die Reichspogromnacht, die am 09. auf den 10.11.1938 war, auch noch heute ein festes Datum in den historischen Kalendern trägt. Aufgrund dieser Informationen konnten wir uns vorab schon einmal auf den Jüdischen Abend einstimmen und uns in diese Problematik etwas mehr hineinführen lassen, um so unsere aufgeschriebenen Gedanken und/oder gesungenen Lieder wirkungsvoller und zugleich berührender allen anwesenden im Saal näherzubringen.
Ich denke, dass ich mich im Namen aller für die vielen Spendengelder von den Gästen und auch der HBS Schuckar GmbH, beim Heimatverein selbst und natürlich bei Frau Di. und Frau Bu. sehr für diesen tollen Abend, der bei weitem mehr als nur ein Auftritt vor Publikum war, bedanken kann.
Lisa (9a)